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ZWISCHEN LEERE UND DUNKELHEIT – ODER DIE SUCHE NACH DEN EIGENEN BEDÜRFNISSEN Text von Iris


Es ist eine schwierige Zeit, mit der vielen Dunkelheit. Spät wird es erst hell, früh wird es schon dunkel. Und dazwischen oft nur grau, wenn die Sonne sich an manchen Tagen erst gar nicht blicken lässt. Da fällt es vielen von uns von vorneherein schwer zu ihrer Energie zu finden. Die bevorstehende Weihnachtszeit ist für viele von uns ebenfalls nicht einfach. Da fehlt jemand. Jemand, den man so fest im Herzen verankert hat. Mit dem man gerne die Festtage verbringen möchte. Es ist eine schwierige Zeit… die Zeit, des „mehr Fühlens, des „mehr Traurigkeit Spürens“.


Für mich selbst empfinde ich es dieses Jahr wieder schwieriger als in den letzten Jahren, in denen ich mich besser gewappnet fühlte als dieses Mal. Vielleicht liegt es daran, dass das Jahr auch wieder von Tod und Verlust geprägt war. Die Zeiten um uns herum noch immer schwierig sind und irgendwie noch schwieriger werden. Zu wenig Raum, um Kraft zu tanken, zu wenig auf mich und meine Bedürfnisse geachtet. Zu wenig von dem eingefordert, was ich gebraucht hätte. Zu nah an der eigenen Depression.


Wir haben dieses Jahr viel geleistet. Extrem viel, was im Hintergrund läuft, bis das Ergebnis nach Außen sichtbar wurde und wird. Ich kann die Stunden gar nicht zählen, die dafür benötigt waren. Nach außen sichtbar als Ergebnis sind die acht Baumpflanzungen, die von uns mit geplant und organisiert wurden, manche davon auch von uns durchgeführt. Sieben weitere fanden statt, ohne dass wir involviert waren, diese gingen über Mario Dieringer.

Was sichtbar nach außen ist, das ist unter anderem unser Wochenende für Trauernde, welches wir in diesem Jahr zum allerersten Mal durchführten. Nicht sichtbar sind die vorausgegangenen Stunden der Planung, der Meetings, um das Wochenende, mit einem roten Faden der Themen verbunden, zu gestalten.

Nach außen sichtbar ist das Ergebnis etlicher Stunden, die es für den Entwurf gebraucht hat, bis unsere Whiteboards angefertigt werden konnten. Sichtbar sind diese nun, mit unserem „Wissens-Check“. Nach außen sichtbar sind die Veranstaltungen um den 10. September. Zwei gehaltene, verschiedene Vorträge, die auch erst einmal ausgearbeitet werden mussten. Drei Veranstaltungen, zum Teil mit Infoständen in Brilon, Kassel und Bad Mergentheim. Ein Gedenkgottesdienst. Was nach außen sichtbar ist, das war unser Auftritt bei der Messe „LEBEN UND TOD“ in Freiburg.

Was nicht sichtbar ist, sind die vielen Stunden der Planung, der Ausarbeitung, der Organisation und der Vorbereitung. Was nicht sichtbar ist, sind die vielen internen Dinge, die wir ausgearbeitet haben, um die Zusammenarbeit untereinander klarer und übersichtlicher gestalten zu können. Was nicht nach außen sichtbar ist, sind die unterschiedlichen Begleitungen Trauernder durch unsere Paten der Anlaufstellen, die geleistet wurden. Und auch nicht die Begleitung oder Unterstützung derer, die sich in seelischen Krisen befanden und uns um Rat fragten. Was nicht sichtbar ist, sind die zusammengerechneten ca. 200 Stunden, die ein Team gebraucht hat, um im Großteam, als Kleinteams und einzeln, unser Projekt für die Schulen nochmals komplett neu zu überarbeiten bevor wir 2023 damit an den Start gehen.


Und das muss ich mir in diesen für mich so schwierigen Zeiten immer wieder vor Augen führen. Dass so viel geleistet wurde, ohne dass es auf den ersten Blick sichtbar ist. Und dass auch im kommenden Jahr wieder viel geleistet wird, was jetzt noch gar nicht im Außen zu sehen ist, im Hintergrund aber schon Zeit, Planungen, Organisation und Energie benötigt.


Das alles wäre nicht machbar, wären da nicht engagierte Menschen da, die im Hintergrund und dann auch im „Außen“ so viel Einsatz, Zeit und Liebe investieren würden… und all denen danke ich aus tiefstem Herzen. Ebenfalls sind da die einigen, die mich immer wieder auffangen, wenn ich das Gefühl habe, im freien Fall zu sein. Diese wissen, dass sie gemeint sind… auch Euch ein ganz, ganz dickes DANKE.


Ich habe mir den einen oder anderen „Lichtblick“ erschaffen und gönnen können. Sozusagen gerade richtig nach unserer Mitgliederversammlung, für die zuvor einiges an Arbeit anstand. Einen Städtetrip nach Dresden, Kultur aufsaugen, Neues sehen. Zuerst hatte ich noch mit dem Gedanken gespielt, meinen Laptop mitzunehmen, da eigentlich genügend Arbeit und ToDos für TREES of MEMORY auf meinen Schreibtisch lagen, denn nach einer Mitgliederversammlung stehen eben immer neue Dinge an. Ich habe es mir letztendlich verkniffen. Und mir danach auf die Schultern geklopft. Einige Tage später ein CASPER Konzert, welches ich ganz allein besuchte. Es gab diesen „Mutter-Sohn“-Moment. Die Musik, die er liebte. Die Musik, die auch ich inzwischen liebe. Das, was uns verbindet, über die Grenzen seines Todes hinaus.

Und doch ist in mir dieses Gefühl des ausgelaugt-seins. Der Traurigkeit. Der Leere. So denke ich schon über einige Wochen darüber nach, was ich ändern kann. Anders machen kann. Besser machen kann. Die Überlegungen sind noch nicht abgeschlossen, da im Moment im Vordergrund steht, es „irgendwie“ zu schaffen, weiterhin zu „funktionieren“. Im Februar wird es einige Tage dafür geben, in denen ich hoffentlich Klärung in meine Gedanken bringen kann. Zweimal werde ich einige Tage in den Bergen sein. Während die anderen die Pisten unsicher machen, kann ich ganz allein vor mich hinwandern. Nachdenken. Gedanken zulassen. Gefühle zulassen. Veränderungen an den Start bringen. Und danach mit TREES of MEMORY hoffentlich gestärkter bei der Messe „Gesund Leben“ in Frankfurt am Start zu sein.

Jetzt steht erst einmal im Vordergrund, hinzuspüren an meine Bedürfnisse. Wie kann ich die bevorstehenden Festtage, den Jahreswechsel, diese so schwierigen Tage für mich selbst lebbar gestalten? Was braucht mein Herz? Was meine Seele? Was mein Körper? Welche Bedürfnisse haben meine Lieben? Wie lassen sich meine Bedürfnisse mit denen meiner Familie vereinbaren? Ich habe noch ein paar Tage Zeit, um Antworten für mich zu finden.

Heute jedoch weiß ich um mein Bedürfnis. Es ist der zweite Sonntag im Dezember. Der Tag, an dem weltweit der verstorbenen Kinder gedacht wird. Der Tag, an dem in jedem Land zur jeweiligen Ortszeit um 19:00 Uhr eine leuchtende Kerze ans Fenster gestellt wird, so dass das Licht einmal um die Welt gehen darf. Heute spüre ich, dass meine Tränen ihren Weg nach außen finden dürfen. Sichtbar werden dürfen. Für mich, und wenn es dumm läuft auch für andere. Heute spüre ich, dass da keine Mauer mehr vorhanden ist, die sie mit Müh und Not aufhalten. Heute spüre ich das Bedürfnis, ganz bewusst an meine Trauer hinzugehen. Sie zuzulassen. Sie darf sein. Heute darf die Sehnsucht nach meinem Kind ihren Raum einfordern. Heute darf ich mir ihrer bewusst sein. Und ich bin dankbar, dass nach einigen Jahren Corona bedingter Pause auch in unserer Nähe wieder ein Gedenkgottesdienst für all die verstorbenen Kinder stattfinden darf. Ich ihn besuchen kann. Denn ich hatte es jedes Mal als überaus tröstlich empfunden, da der Gottesdienst so liebevoll und einfühlsam gestaltet wird. Vielleicht liegt darin ein bisschen Heilung.

Heute kann vielleicht in all meiner gefühlten Trostlosigkeit mein Bedürfnis nach und Heilung und Trost etwas gestillt werden.


Das ist es, was ich Euch allen wünsche. Trost in der Trostlosigkeit. Ein Licht, das Euch wärmt. Lebbare Tage in der Dunkelheit. Und die Möglichkeit, diese so gut wie möglich für Euch zu gestalten.



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