
Buchrezensionen
Bücher, für die wir eine Rezension geschrieben haben, möchten wir Dir hier gerne ausführlicher vorstellen.
von Pam Metzeler und Anna Castronovo

WAY BACK
„Denn das Leben geht weiter“… ein Satz, den man gerade in der Anfangszeit nach einem schweren Verlust so oft zu hören bekommt, und der schmerzt, weil es in dem Moment unsere eigene Vorstellkraft und unser Empfinden übersteigt, dass dies jemals der Fall sein könnte.
Und doch, das tut es. Es geht weiter. Manchmal ganz anders, als wir jemals gedacht hätten. Nach einem Suizid bleiben die Angehörigen mit großen Herausforderungen zurück, wie sie ihr Leben wieder als lebenswert annehmen können und auch, wie sie ihr Leben wieder mit einem Sinn füllen können.
Pam Metzeler hat ihren Weg gefunden. Einen außergewöhnlichen. Auch er war gepflastert mit vielen schmerzhaften Momenten. In ihrem ersten Buch DARK WAY gewährte sie Einblick in ihr Leben, das Leben vor dem Suizid ihres Sohnes Timo, und das Leben die ersten Jahre danach. Pam Metzeler blieb nicht im Stillstand. Sie wuchs an ihrem Schicksal, fand ihren Weg zurück. In „WAY BACK“ lässt die Autorin ihre Leser daran teilhaben, wie ihr Leben nach der Veröffentlichung ihres ersten Buches 2018 verlief. Sie sich in ihr Leben zurückkämpfte und sie heute sagen kann: „Ja, ich kann sogar wieder glücklich sein“. Dieses Buch ist nicht nur ihre weitere Lebensgeschichte. Pam Metzeler möchte damit allen Betroffenen Mut machen, nicht aufzugeben. Denn jeder Weg der Trauer ist anders. Ist einzigartig. Durch ihre vielen Kontakte mit anderen Suizidhinterbliebenen weiß die Autorin, dass jeder den eigenen Weg finden muss. Und erzählt in „WAY BACK“ ebenfalls von dem, was denjenigen guttat, mit denen sie im Austausch steht.
Ein Buch, das Mut macht. Mit einer ganz persönlichen Geschichte.
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Buch von Céline Humm, Mabuse-Verlag
Ein Buch über eine bemerkenswerte und starke Frau, die ihre Mutter durch Suizid verlor. Die ihre eigene Geschichte aufarbeitet, um Frieden mit dem Geschehenen schließen zu können. Nicht jedoch in einer Biografie.
Zwar schwingt ihre Geschichte hierbei im gesamten Buch mit, der Fokus liegt jedoch nur bedingt darauf. Es ist besonders, weil sie viele verschiedene Facetten einbringt. Durch ihre verschiedenen Interview-Partner und -Partnerinnen gelingt es ihr, all die unterschiedlichen Erlebnisse von Hinterbliebenen und Betroffenen sowie Begleitende von Suizidbetroffenen in ein Gesamtbild zu fügen, was Suizid mit uns macht. Sie lässt nicht nur Angehörige zu Wort kommen, sondern auch Lokführer, Seelsorger, Psychologen und Menschen, die ihren eigenen Suizidversuch überlebt haben. Wie geht das Umfeld mit dem Thema Suizid und dem Tod durch Suizid um? Was hat der Verlust mit den Zurückbleibenden gemacht, wie sie verändert? Welche Fragen stellten sie sich immer wieder? Dieses Buch zeigt auf, dass jeder Suizid Spuren hinterlässt. Es für all jene ein Prozess ist, der durchlaufen werden muss, um als Angehörige das eigene Schicksal akzeptieren lernen zu können. Und all dies nicht von heute auf morgen geschieht.
Als selbst Betroffene kann man sich in diesem Buch wiederfinden. Auch andere Ansätze als den eigenen im Umgang mit dem Thema finden. Es ist ebenso geeignet für alle Umstehenden, denen es oftmals schwerfällt, das Denken, Fühlen und Handeln Hinterbliebener nachzuvollziehen und bietet die Möglichkeit, für manches davon mehr Verständnis aufbringen zu können. Auch für alle, die beruflich mit dieser Thematik in Berührung kommen, ist dieses Buch absolut empfehlenswert.

Wir sagen immer Debreziner dazu – Wie Kinder die psychischen Erkrankungen erklären
Hrsg.: Livia Koller
Mabuse-Verlag

Die Herausgeberin Liv Koller arbeitet im Augsburger Bezirkskrankenhaus. In diesem Buch hat sie die in ihrer Kindersprechstunde gesammelten Bilder und Texte von Kindern veröffentlicht. Es ist faszinierend, mit welch einfachen und klaren Worten die Kinder versuchen, sich selbst und anderen zu erklären, wie sie die psychischen Erkrankungen ihrer Eltern wahrnehmen und beschreiben. Mich hat dieses Buch sehr berührt, nachdenklich gemacht und auch zum Lächeln gebracht. Wo wir Erwachsenen uns oft schwertun, Dinge mit wenigen Worten verständlich zu erklären, gelingt es den Kindern auf ihre eigene, offene und kindgerechte Weise, so dass auch alle von uns „Großen“ sich davon etwas abschauen können. Kinder von Eltern mit psychischen Erkrankungen spüren, dass „etwas“ nicht stimmt, und nehmen viel mehr wahr, spüren Veränderungen und ungewohnte Verhaltensweisen ihrer Bezugspersonen ebenso wie wir Erwachsenen. Vielleicht sogar noch besser. Es kann Kinderseelen verunsichern, weshalb es wichtig ist, auch auf diese Zielgruppe zuzugehen und sie nicht außenvorzulassen. Das Buch ist deshalb absolut empfehlenswert für alle, die im therapeutischen Bereich arbeiten sowie Familien, die sich unsicher sind, wie sie den Zugang zu den betroffenen Kindern auf kindgerechte Art bekommen können. Es hilft dabei, um diesen die Möglichkeit zu geben, ins Gespräch zu kommen und den Kindern die Tür zu öffnen, ihren Gefühlen und Gedanken Ausdruck zu verleihen. Ein sehr empfehlenswertes Buch!
- Kinderbuch von Verena Gärtner, Melanie Gräßer und Annika Botved
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Einfühlsam und liebevoll gestaltetes Kinderbuch, um mit Kindern über den Verlust durch Suizid ins Gespräch zu kommen.
„Leben ohne Mama Maus“ von Verena Gärtner, Melanie Gräßer und Annika Botved vereint drei Dinge in einem Buch, was es dadurch einzigartig und wertvoll macht. Im ersten Teil finden sich 24 schön illustrierte Seiten, die über das Leben von Familie Maus erzählen. Kindgerecht wird beschrieben, wie Mama Maus, zuerst noch ganz glücklich, nach und nach mit einer dunklen Wolke zu kämpfen hat, die sie traurig und müde macht. Auch der Klinikaufenthalt von Mama Maus ist Thema und wie nach der Entlassung zuerst Besserung und dann doch wieder Verschlechterung eintritt. Bis Mama Maus den Tod wählt. Ebenso, dass man unterschiedlich trauert, wird thematisiert.
Das besondere an diesem Buch ist sicherlich, dass es mit dem Ende der Geschichte nicht aufhört. Es geht über in den 19 Seiten langen zweiten Teil, welcher die Kinder ganz direkt anspricht. Ansprechende Illustrationen mit vielen kleinen Details untermalen auch diesen Teil. Sie dürfen hin spüren an ihre eigenen Erfahrungen und Gefühle, ihre Gedanken und auch ihre Ängste. So bietet sich dadurch die Möglichkeit für die Bezugspersonen genauer zu verstehen, was gerade im Kind vorgeht. Aktiv mit dem Verlust und der Trauer umgehen zu dürfen, ist ein weiterer Aspekt des Buches, wunderbar gelöst durch die Möglichkeit des Downloads von Malvorlagen und mehr.
Im dritten Teil werden die erwachsenen Bezugspersonen angesprochen. Wie Kinder trauern, wie Fragen kindgerecht beantwortet werden können, Praxistipps und hilfreiche Adressen sind hier zu finden. Dadurch kann Erwachsenen die Angst und Unsicherheit genommen werden, wie sie mit den Kindern umgehen, auf sie eingehen, was sie sagen oder vielleicht noch verschweigen können.
Verschiedene Beispiele werden aufgelistet, wie Rituale bei der Trauerarbeit unterstützen und helfen können.
Dieses Buch hat mich vollkommen überzeugt und angesprochen. Hier wird Erwachsenen etwas sehr Hilfreiches an die Hand gegeben, um das Kind in dessen Trauer besser verstehen und begleiten zu können. Beim Lesen der Einleitung hatte ich zuerst die Befürchtung, dass das Wort „Selbstmord“, welches ich gerne aus dem Sprachgebrauch genommen sehen würde, öfters als dieses eine Mal auftauchen könnte, was sich glücklicherweise nicht bestätigt hat.
"Wie aus Trauer Liebe und Dankbarkeit wird“
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Iris Willecke lädt mit diesem Buch Trauernde dazu ein, ganz bewusst die Möglichkeit des Schreibens als Weg der Auseinandersetzung mit der eigenen Trauer für sich zu finden und ebenso im Austausch mit dem geliebten verstorbenen Menschen zu kommen. Einige Trauernde wählen diesen Weg ganz von selbst, instinktiv und aus dem Innersten heraus. Schreiben kann das Gedankenchaos lösen. Entwirren, klären. Iris Willecke möchte auch diejenigen dazu ermutigen, die sich bisher schwertaten, Gedanken in Worten schriftlich festzuhalten. Hierfür bietet sie mit ihrem Buch gute und wertvolle Impulse, um in verschiedenen Situationen oder Trauerphasen die eigenen Gedanken und Gefühle aufzunehmen. Hinzuspüren, was sie ausmachen. Durch das Schreiben kann der innere gefühlte Druck gemindert werden, können sich Schleusen öffnen, sich die Gedanken klären. Falls man sich selbst etwas schwertut einen passenden Anfang zu finden, bietet dieses Buch voller Schreibimpulse genügend Auswahl, wie man den für sich geeigneten Zugang zum Schreiben finden kann und zeigt verschiedene Herangehensweisen auf. Auch für schon geübte Schreiber finden sich sicherlich einige neue Varianten, die man so davor nicht kannte oder für sich sah. Iris Willecke geht im Buch „Wie aus Trauer Liebe und Dankbarkeit wird“ nicht nur darauf ein, wie man Zugang zum Schreiben findet, sondern gleich zu Beginn auf die Phasen der Trauer. Sie gibt Anregungen weiter, erläutert auch die Wichtigkeit, Trauernde nicht miteinander zu vergleichen. Denn dies wissen wir aus den eigenen Erfahrungen heraus und aus den Begleitungen Angehöriger nach Verlust durch Suizid: Jeder Mensch ist einzigartig, jedes Menschen Trauer ist ebenso einzigartig, selbst wenn sich Vieles gleicht. Und alles darf sein, nichts muss. Das Buch wird immer wieder durch Zitate, Gedichte und Texte aufgelockert und wirkt deshalb nicht wie ein reines Arbeitsbuch. So können die eingefügten fremden Texte zusätzlich zum Nachdenken anregen, sich darin finden lassen, in die eigene Auseinandersetzung mit dem Gelesenen gehen. Iris Willecke wählt bei der Aufzählung der Schreibimpulse selten eine Frage zu Beginn, um die Leser einzuladen sich darüber Gedanken zu machen, ob das jeweilige Thema jetzt gerade richtig ist. Vielmehr lädt sie durch ihren Schreibstil dazu ein, das Buch immer wieder einmal in die Hand zu nehmen, durchzublättern und sich selbst auf die Suche nach dem Thema darin zu machen, welches man gerade braucht. Als kleiner Tipp: Vielleicht möchten Sie als Leser kleine farbige Post-its nutzen, um sich beim Lesen die Seiten zu markieren, die mit den Impulsen gefüllt sind, die sie gleich angehen möchten, oder die für Sie interessant klingen, Sie aber noch nicht bereit dafür sind? So können Sie sie zur passenden Zeit gut und schnell finden. Ich kann dieses Buch wärmstens empfehlen.
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"WARUM? Der Begleiter für Trauernde nach dem Suizid eines geliebten Menschen"
- von Natalie Katia Greve
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Der Begleiter für Trauernde nach dem Suizid eines geliebten Menschen kann besonders in der Anfangsphase der Trauer hilfreich sein. Häufig finden sich die Betroffenen in einem inneren Chaos wieder, unzähligen und abwechselnden, manchmal so noch nie dagewesenen Gefühlen ausgeliefert. Hier setzt dieses Buch an. Behutsam geht Natalie Katia Greve auf das Thema Suizid ein und lässt die Angehörigen Schritt für Schritt das erste Verständnis für das Geschehene wahrnehmen. Gerade in der Trauer nach Suizid fühlen sich die Hinterbliebenen oftmals ausgegrenzt, unverstanden, erleben Scham, Schuld und Ohnmacht. Dass jedes Gefühl seine Berechtigung hat, keiner allein damit dasteht und all dies sein darf, wird in diesem Buch vermittelt. Natalie Katia Greve möchte die LeserInnen an dem Punkt abholen, wo der/diejenige gerade in diesem Moment steht und es gelingt ihr. Sie lädt ein, das eigene, persönliche Tempo zu finden, Schritt für Schritt in die Auseinandersetzung der eigenen Trauer zu gehen und bietet die so wichtigen "Rettungsanker" der Trauerarbeit. Das Buch unterstützt dabei, Zugang zu sich selbst zu finden, wo man als Trauernder oftmals gefühlt eben diesen nicht mehr wahrnehmen kann. Mit Denkansätzen, der Möglichkeit, sich selbst Fragen zu stellen und Antworten auf diese zu finden. "WARUM?" ist nicht nur ein Begleitbuch, es lädt ein, sich aktiv auf den Weg zu machen. Mit der Trauer an der Seite und im Herzen, auf den Weg zu sich selbst. Immer wieder wird in diesem Buch genügend Raum gegeben, um es auch als Arbeitsbuch zu nutzen. Gedanken und Gefühle niederzuschreiben. Beim Lesen und Erarbeiten zum einen Hilfe zu erfahren, und zum anderen auch wieder das Vertrauen in sich selbst zu finden. Als Hinterbliebene nach Suizid und im Verein TREES of MEMORY e.V. selbst in der Begleitung Unterstützende möchte ich dieses Buch jedem ans Herz legen, der in der Trauerbegleitung tätig ist und auch allen Menschen, die unlängst einen Suizid innerhalb der Familie oder des Freundeskreises betrauern. Zudem möchte ich empfehlen, sich gleichzeitig ein Notizbüchlein dazuzulegen, so dass jederzeit beides griffbereit sein kann, um sich die Dinge aufzuschreiben, die vielleicht auf den im Buch vorhandenen und dafür vorgesehenen Seiten der Raum nicht ausreichen sollte. Denn auch einige Zeit später hilft es, sich immer wieder das Geschriebene und Erarbeitete durchzulesen. So wird auch noch Monate und Jahre sichtbar, wie mutig und tapfer man die vielen kleinen Schritte bereits zurückgelegt hat, ohne es vielleicht selbst bemerkt zu haben.


