google-site-verification=-UgRHQ8wj0fm7xzZB-RVR0oR456EBS1jG8-927xuFjk VOM RÜCKZUG UND DER SUCHE NACH INNEREM FRIEDEN – ODER WENN DICH ALLES ERSCHLÄGT
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VOM RÜCKZUG UND DER SUCHE NACH INNEREM FRIEDEN – ODER WENN DICH ALLES ERSCHLÄGT


Ich habe eine verordnete Auszeit. Weil mein Körper auf das reagiert, was meine Seele mir zuruft. Es geht mir sicherlich so wie vielen von Euch. Die Situation, in der wir leben macht mürbe. Und vieles macht mich unsagbar traurig. Momentan ist es schwer, zwei Meinungen nebeneinander stehen lassen zu können. So scheint es zumindest. Jeder pocht darauf, dass seine Ansicht die richtige ist. In den sozialen Medien selten ein anderes Thema. Diese Meinungen erschlagen mich. Deshalb ging ich auf Rückzug. Nein, ich möchte das nicht laufend sehen. Keine aus dem Zusammenhang gerissenen Bilder oder Videoausschnitte, die möglicherweise etwas ganz anderes vermitteln als tatsächlich geschah. Keine Zahlen, keine Angst verbreitende oder die Menschheit spaltende Nachrichten. Ich kann mich jedoch vor dieser Flut schützen. Durch Minimierung der Zeit die ich in den sozialen Medien verbringe. Durch Einstellen meiner Privatsphäre oder ausblenden was ich sehen möchte und was nicht. Durch ignorieren der Nachrichten im TV.

Ich bin dünnhäutig, müde, schlaflos, traurig, zerrissen, unruhig und ausgebrannt. Mein Körper reagiert auf das, was mein Inneres zu schreien scheint. Seit 10 Tagen bin ich nun zuhause. Nichts schien mehr zu gehen. Die vielen Nächte ohne oder mit viel zu wenig Schlaf rächten sich. Das Gedankenkarussell drehte sich unaufhörlich, so vieles in mir sperrte sich. Gegen das Denken, gegen das Fühlen. Und dennoch fand es statt. Das Denken und Fühlen. Meine Konzentration war tagsüber fast gleich Null oder gelang nur mit allergrößter Anstrengung. Alles in meinem Körper schmerzte. Der Kiefer, weil ich wohl in den wenigen Stunden des Schlafes die Zähne fest zusammenbiss. Der Gallengang (die Gallenblase ist ja schon eine Weile nicht mehr da), der Magen, die Knochen, der Kopf, die Schultern, die Füße. Finger und Hände schwollen an. Und dann war es so weit… ich saß im Sprechzimmer meines Arztes und gab es zu. Ich kann nicht mehr, nichts geht mehr… dabei rollten mir die Tränen aus den Augenwinkeln. Zuzugeben, dass ich nicht mehr funktioniere, wie ich sollte und von mir selbst verlange, mich alles viel mehr Kraft kostet als ich momentan habe. Mein Kopf sagt da automatisch: „Du versagst gerade total, Schande über Dich“. Meine Seele jedoch ruft mir zu: „Sei endlich achtsam zu Dir selbst. Hol Dir das was Du brauchst… da geht sonst noch viel mehr schief!“ Der Ruf meiner Seele hatte gewonnen. Nein, ich habe nun nicht versagt, weil ich mir eingestehen musste, dass ich so nicht weitermachen kann. Nein, es ist kein Zeichen von Schwäche, Ruhe einzufordern, weil nichts mehr geht. Ja, das Schuldgefühl Kollegen im Stich zu lassen, ist dennoch irgendwie da. Ich hätte ihnen aber nicht viel länger von Nutzen sein können, weil ich die Kraft nicht mehr länger hatte, um meine Aufgaben so zu erledigen, wie ich es hätte müssen. Es hatte nicht mehr ausgereicht, nur früher heimzugehen. Deswegen konnte ich nachts dennoch nicht besser schlafen, hörten die Gedanken dennoch nicht auf. Nun bin ich seit 10 Tagen zuhause. In meiner Schutzzone. Noch immer furchtbar müde, auch wenn ich inzwischen viel schlafe. Zu den unterschiedlichsten Zeiten. Nachts, tagsüber, wann auch immer es möglich ist. Noch immer schmerzt der Magen, auch wenn es nachlässt. Die alltäglichen Dinge erledige ich so nach und nach. Wie es eben geht. Vor allem aber bin ich auf Rückzug. Mit den Kopfhörern im Ohr, in die Musik eintauchend und die Welt ausblendend. Und manchmal laufe ich einfach verloren in der Wohnung herum. Noch immer spüre ich mich nicht wirklich. Muss genau hinschauen, was ich brauche, kann es noch viel zu wenig wahrnehmen. Noch immer bin ich dünnhäutig, die Tränen laufen, wann sie wollen und ohne, dass ich es verhindern kann. Auch im Moment. Trotz der gefühlten inneren Leere sind da diese brüchigen Mauern. Ist dennoch so viel Schmerz da. So viel, was gerade triggert. Nein, es ist nicht, dass ich leider immer öfter von vollzogenen Suiziden erfahre. Ich kann innerlich dazu Distanz halten. Was mich triggert sind diese Bilder im Netz und in den Nachrichten. Von protestierenden Bürgern und Polizisten, die ihren Dienst tun. Weil ich weiß, auf welcher Seite mein Kind hätte dann stehen müssen. Und ich nicht weiß, was DAS mit seiner Seele angerichtet hätte. Auch nicht, wie er mit dieser Hetze zurechtgekommen wäre. Und ich weiß, ich wäre unter Dauerstrom, Sorge und Angst um ihn in diesen Zeiten. Ich fühle mich in diesen Zeiten meinem Kind gerade sehr nahe. Und vermisse ihn unendlich…

Diese Zeiten, die wir momentan haben, sie tun mir in der Seele weh. Das, was ich Trauernden gegenüber zu vermitteln versuche, ist Empathie. Und ich versuche dies auch im Alltag umzusetzen. Meinungen stehen lassen können, auch wenn es nicht die meine ist. Verständnis zu zeigen für die Situation, das Handeln und die Gefühlslage meines Gegenübers. Menschlich sein, auch wenn ich immer wieder hart zu mir selbst bin und manchmal, durch meine Direktheit, sicherlich auch den einen oder anderen vor den Kopf stoße. Was ich spüre, ist dass gerade in der jetzigen Zeit wenig Empathie untereinander herrscht. Zwiespalt, Unsicherheit, Angst und Unmut. Vielleicht sollten wir alle gemeinsam beginnen, einmal hinzuspüren. „Was würde ich mir von meinem Gegenüber wünschen? Wie würde ich in dessen Situation empfinden? Darf mein Gegenüber nicht dennoch anders fühlen, denken und empfinden, als ich es tue? Kann es mir gelingen, Verständnis aufzubringen, auch wenn es mir mit der Situation anders gehen würde?“ Vergessen wir nicht: jeder von uns ist einzigartig und wertvoll. Einzigartig in seinem Handeln, seinem Denken, seinem Wirken, seiner Art. Wertvoll in dieser Einzigartigkeit. Die Vielfalt macht die Welt bunt. Und bunt ist allemal besser als einheitsgrau. Ein gutes Miteinander ist machbar, wenn wir unserem Gegenüber Respekt entgegenbringen. Ihn annehmen, wie er ist. Mit Macken, Kanten, Fehlern, und auch in seiner Großartigkeit. Suchen wir den Frieden in uns selbst und lassen ihn nach außen dringen. Vielleicht färbt es ja auf das einheitsgrau ab und lässt die Welt wieder bunt erscheinen…

Ich glaube, ich wage mich heute zum ersten Mal wieder vor die Haustüre und suche das Bunte der Natur. Mit meiner Tochter, weil allein zu laufen der Elan noch nicht da ist. Vielleicht bringt mir das etwas des inneren Friedens zurück, den ich so dringend benötige. Bringt wieder etwas Farbe in meine Seele, sie sich oft so grau anfühlt. Egal was es ist, was Euch hilft: Tut es. Sammelt die Farben, damit die Welt wieder bunt werden kann. Eure eigene, und unsere gemeinsame.



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