VERÄNDERUNG UND WEGE – ODER SCHLICHT UND EINFACH: DAS LEBEN
Wie für die meisten von uns liegen auch hinter mir viele anstrengende Monate. So vieles, was mental auspowerte. Zuerst die Pandemie, die für alle eine Herausforderung darstellte. So viel in Veränderung, Unsicherheit, im Wanken. Kaum dachte man nach zwei Jahren, dass es leichter werden würde, Unruhe und Krieg in der Ukraine. Unweigerlich mit Auswirkungen auch auf uns. Für viele durch höhere finanzielle Belastungen, Unsicherheiten was noch kommen mag. Kaum Zeit, um wirklich durchzuatmen. Ging es Euch so ähnlich?
Diese ganzen Monate haben etwas mit mir gemacht. Haben mich nachdenklich gemacht. Es fiel mir bedeutend schwerer, aus meinem üblichen Wintertief zu kommen. Da es im Frühjahr im persönlichen Bereich nicht leichter wurde, einiges dazu kam, welches zu verarbeiten war. Und noch immer ist. Zweifel, Hadern, in der Schwebe. Ich schien für mich meinen Weg etwas verloren zu haben. Dabei ist es letztendlich das Leben. Das ist nun mal immer in der Veränderung. Ob wir daran teilhaben oder es nur aus der Ferne betrachten. Sich immer wieder neu finden, sich selbst reflektieren, schauen was geht und was nicht.
Auch in meiner Trauer sehe ich die Veränderung. Die ersten Jahre zog es mich täglich zum Grab meines Kindes, seinem „Garten“. Der Gedanke, dass dort keine Kerze Licht in die Dunkelheit bringen würde, undenkbar. Es leuchtete dort immer. Ich konnte in Zwiesprache mit ihm gehen, meinen Gedanken freien Lauf lassen. Seit Monaten fällt mir dieser Gang zu ihm nun schon schwer. Mein Inneres weigert sich. Jeder Besuch dort schreit mir entgegen, dass er nicht mehr wiederkommt. Und es zerreißt mich immer öfter. Ich kann meinen Sohn besser in Gedanken und im Herzen tragen, wenn ich es versuche auszublenden, dieses „Nie wieder“. Nie wieder gemeinsame Zeit, nie wieder eine liebevolle Umarmung, nie wieder seine Stimme hören. Dort oben an seinem „Garten“ schlägt mir dieses „Nie wieder“ ins Gesicht. Nun mag man sich fragen, ob die Akzeptanz seines Todes überhaupt da ist. Ich glaube, ich kann das ganz klar mit JA beantworten. Und doch ändert das nichts an dem Schmerz, den sein Tod in mir hinterlassen hat. Ich lebe damit. Es bleibt mir nichts anderes übrig.
Wenn ich genau darüber nachdenke, dann ist mir genau bewusst, warum ich mich so intensiv in Arbeit stürze. Weniger Zeit, um zu fühlen, weniger Zeit, um den Schmerz wahrzunehmen. Mit TREES of MEMORY die Möglichkeit, dies für mich auch sinnvoll umzusetzen. Ob das für andere einen Sinn gibt? Hilfreich ist? Ich hoffe es. Dieses Jahr ist etwas anders. Üblicherweise hatte ich in den letzten Jahren meinen Sommerurlaub immer etwas kürzer gehalten, um noch genügend freie Tage für Termine für die Vereinsarbeit freizuhalten. Ich hatte mir das auch für dieses Mal überlegt. Und den Gedanken beiseitegelegt. Ich merke, dass ich die kompletten drei Wochen am Stück für mich brauche. Auch wenn die erste Woche davon hauptsächlich mit Büroarbeit für ToM gefüllt ist. Die ich ansonsten an den Wochenenden erledigen würde. Zumindest weiß ich nun, dass ich beruhigt in die „richtige“ Auszeit gehen kann. Meine Vorträge für den September stehen. Da es zwei verschiedene sein werden, auch etwas mehr Arbeit. Bad Mergentheim steht ganz unter dem Thema Krisen und Wege, in Gera am Tag darauf wird sich um Trauer, TREES of MEMORY und Sinnfindung nach Verlust handeln. Also eher Einblicke in meinen persönlichen Weg. Die ersten Bekanntmachungen für die Veranstaltungen im Main-Tauber-Kreis konnte ich diese Woche auch erledigen. Deshalb effektiv genutzte freie Zeit. Und immer wieder Ruhephasen. Nichtsdestotrotz freue ich mich auf die Tage am Meer. Den Wellen lauschen, durchatmen. Mich wahrnehmen. Mit allem, was da ist. Mit Schmerz, mit Trauer, mit Zweifeln, mit Zuversicht, mit Dankbarkeit für die Menschen, die mein Leben begleiten, für die ich etwas empfinde. Mit gespannter Vorfreude auf all die Aktivitäten im September. Und mit meiner Nachdenklichkeit. All das ist einerseits gut, andererseits ist es auch herausfordernd. Nicht davonrennen, nicht ablenken, sondern bei mir sein. Mit all dem inneren Chaos, das da immer wieder herrscht. Mich annehmen mit all dem, was da ist. Ja sagen. Zu mir, zum Leben. Vielleicht auch zu neuen Wegen. Wer weiß, was das Rauschen des Meeres mir zuflüstern wird?
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