Valentin und Rosen gehören doch zusammen?
- Iris
- 19. Feb.
- 5 Min. Lesezeit
Text von Sonja

Selbstverständlich gehören Rosen zu Valentin! Sie sagen doch auf ihre anmutige Art “ich liebe dich“, meint mein Herz.
Ich stehe im Blumenladen und staune über die verschwenderische Fülle an Farben und Düften, die den Laden bis in den letzten Winkel ausfüllt. Jedes Jahr freue ich mich, dass sie wieder da sind: die Narzissen, die Tulpen, Freesien, Ranunkeln….
„Rosen zu kaufen nur um jemandem seine Liebe zu zeigen tz, wie einfallslos! Es gibt doch sinnvollere Arten ich liebe dich zu sagen. Außerdem kann man Rosen auch an anderen Tagen kaufen. Aber doch nicht zu Valentin! Zu teuer, nur Kommerz, alles völlig überzogen!“ hält mein Verstand dagegen. Er kann sich kaum mehr beruhigen als ich beim Anblick der wunderschönen Rosen flüchtig daran dachte mir selbst ein paar Blumen zu schenken.
Eigentlich hatte ich nur davon geträumt, wie schön sich die Rosen in der Wohnung machen würden. Ich hatte schon ihren feinen Duft in der Nase. Ich wollte mir selbst mit den Rosen zeigen: "Hey, du bist es wert!" Aber wie immer: mein Verstand hat so seine Einwände.
Eine Freundin von mir hat Mitte Januar Geburtstag. Stets erhält sie von ihrem Mann 36 Rosen; gefühlt nun schon sicher 15 Jahre. Seit exakt diesem Zeitraum argumentiert mein Verstand jedes Mal: „jede zweite Woche eine Rose – wäre das nicht viel vernünftiger?“
So tickt mein Verstand. Er ist ein kühler Rechner, mit einem kleinen Hang zum Knausern. Er selbst würde sich wahrscheinlich als den einzig wahren Logiker auf diesem Erdball bezeichnen. Ein absoluter Realist, Romantik ist nicht sein Ding. Wie auch immer man ihn einordnen mag, er weiß besser, was zu tun ist, als mein empfindsames Herz.
Hm, trotz der „vernünftigen Einwände“, spüre ich wie mein Herz einen kleinen Luftsprung macht bei der Vorstellung mir selbst Rosen zu schenken. Rosen, diese Symbole irdischer und himmlischer Schönheit haben es mir eben angetan. Fünf davon wären schon schön. Ich weiß auch schon in welche Vase sie kommen. Vielleicht sind sie teuer, vielleicht wäre der Kauf ganz und gar unvernünftig, aber Unvernunft findet mein Herz so viel schöner als „logische“ Argumente. Leider gibt mein Herz im inneren Disput mit meinem Verstand allzu oft nach. Lässt dann aber, bildlich gesprochen, wie welkende Pflanzen den Kopf hängen. Ich selbst lasse die Schultern hängen und schleiche aus dem Laden.
Zuhause lese ich „zufällig“, dass die Schamanen die Rose als Vermittlerin zwischen Herz und Verstand bezeichnen.
Wie wäre es, wenn ich eine Möglichkeit fände zwischen Herz und Verstand zu vermitteln? Vielleicht würde es meinen Verstand besänftigen, wenn ich die Rosen erst nach Valentin kaufen würde, weil alle Blumen dann schlagartig wieder billiger wären? Oder ich bringe die Rosen nachdem ich sie ein, zwei Tage in der Wohnung hatte meinem Bruder aufs Grab. Oder ich könnte auf Schokolade verzichten und das gesparte Geld für die Blumen verwenden. Verschwenden! Korrigiert mein Verstand.
Ob ich wollte oder nicht, jetzt musste ich mich ernsthaft mit meinem Verstand auseinandersetzen, er würde mir sonst zu viel Freude zerstören. Ich versuche mir diesen unschlagbaren Logiker vorzustellen. Vor meinem geistigen Auge taucht eine unnahbare Eminenz, eine Art innerer Chef auf. Ständig beschäftigt, mit Planen, Organisieren, Denken, blitzschnell Urteile fällen. Weil er so fleißig und so klug ist, kann auch nur er beurteilen was richtig und falsch, was gut und böse ist. Und vor allem nur er hat eine klare Vorstellung davon was vernünftig oder eben unvernünftig ist.
Aber sollte ich am Valentinstag nicht eher mein Herz sprechen lassen? Nicht nur Liebes Botschaften an andere schicken, sondern auch meinem eigenen Herz eine kleine Aufmerksamkeit gewähren?
Ich konzentriere mich ganz auf meine graue, innere Instanz. Lege meinem Verstand alle meine Kompromisse sozusagen vor die Füße. Frage dann nochmal: „was würde passieren, wenn ich die Rosen nun doch kaufe? Nur für mich? Nur weil es mir gerade Freude macht?“
Er wendet sich ab. Ein OK werde ich von dieser unterkühlten Gestalt nicht erhalten. Aber immerhin höre ich keine Einwände mehr.
„Danke“ kommt mir spontan in den Sinn. „Danke lieber Verstand, dass du diesen kleinen Moment Unvernunft zulassen willst.“
Oh, wie er sich windet, wie er sich abwendet. Beinahe wirkt er verlegen, mein Verstand. Er ist es nicht gewöhnt, dass ich mich so ernsthaft mit ihm beschäftige und lieber Verstand hat er noch nie gehört. Er ist es eher gewöhnt, dass ich unvernünftige Dinge an ihm vorbeischmuggle. Er weiß, dass ich oft genug einfach an ihm vorbei will, ihn überlisten, überwinden oder am liebsten ganz ausschalten würde. Mit dem kleinen Danke jedoch scheint sich etwas in ihm bewegt zu haben. Es ist ihm wohl auch ein wenig peinlich mit lieber Verstand angesprochen zu werden. Jetzt bemüht er sich nachzuvollziehen, wie es meinem Herz geht. Es scheint ihm leid zu tun, dass er meinem Herz manchmal in seinem Überschwang an Gegenargumente die Freude nimmt. Dieses kleine „Danke“ scheint ihn milder, großzügiger und weicher zu stimmen.
Kennt ihr das auch, diesen kleinen inneren Diskurs? Wem hört ihr zu, wenn ihr Wünsche habt? Hört ihr auf euer Herz oder habt ihr auch so einen gnadenlosen Denker, der euch dann und wann die Freude nimmt? Geht ihr genüsslich in die Konditorei und bestellt die Sahnetorte die euch anlacht? Oder verkneift ihr euch das Stück, weil die Vernunft euch runterputzt: „viel zu ungesund, macht dick und ist kein bisschen vegan!“ Kauft ihr euch das umwerfende Kleid um das ihr schon lange rumschleicht? Lasst ihr euch vom Verstand einreden, man könnte ja auch warten bis der Preis im Schlussverkauf reduziert wird. Die Enttäuschung, wenn es dann verkauft ist, nimmt die Vernunft mit einem Schulterzucken hin: „sollte wohl nicht sein!“ Schiebt ihr den Kneipenbesuch mit dem Kumpel schon ewig vor euch her, weil alles andere wichtiger ist, als der beste Freund? „Der wird schon verstehen, dass Hausbau, Arbeit oder Familie immer vor gehen.“ So argumentiert höchstens ein Verstand, der euch immer mehr in die Pflicht drängt. Das Herz jedoch würde euch aufgehen, bei der Vorstellung mit dem Kumpel mal wieder um die Häuser zu ziehen.
Steht ihr ganz früh am Morgen auf, wenn es noch dunkel ist? Nur um zuzusehen wie die Sonne aufgeht? Lauscht den Vögeln ohne euch vom Verstand ein schlechtes Gewissen einreden zu lassen, das in etwa so klingt: „Was ist mit dem Frühstück für die Kinder? Du kommst zu spät zur Arbeit? Wenn du schon so früh aufstehst, hättest du besser Sport machen können!“
Was auch immer euch einfällt, tut es! Gönnt es euch! Freut euch darüber, dass das Herz (oder vielleicht ist es auch die Seele?) diese Einfälle hat.
Und wie geht es meinem Herz nachdem ich mich solange mit der Vernunft beschäftigt habe? Fast scheint es als würde es aufatmen. Es fühlt sich weicher, freier und weiter an. Diese Rosen an Valentin versprechen doch, dass morgen vielleicht ein anderer kleiner Wunsch erfüllt werden wird. Das gibt Hoffnung, da wächst die Zuversicht, da blüht die Freude auf.
Mein Verstand versucht sich an der Freude des Herzens zu erfreuen. Und weil er so vernünftig ist, meint er: „behalte die Blumen solange du willst. Auf dem Friedhof sind sie bei der Kälte sofort erfroren.“
Innerlich frage ich meinen Bruder ob er auch mit Palmkätzchen einverstanden wäre. Fast höre ich sein Lachen. Ich weiß ja, dass er sich freut, wenn ich mich freue. Mir scheint die Rose ist wirklich ein wunderbarer Vermittler zwischen Herz und Verstand.
Für mich heißt es jetzt:
Ab in den Blumenladen!
Am liebsten würde ich den ganzen Laden aufkaufen, dann könnte ich jedem von euch einen Armvoll Rosen schicken, der sagen will:
Was auch immer euch zum Valentin (und auch sonst) einfällt. Gönnt es euch! Ihr seid es wert. Genießt es mit allen Sinnen. Für und mit dem der fehlt.
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