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AN EIGENE GRENZEN STOSSEN – ODER LERNEN, UMZUDENKEN



Irgendwie scheine ich nicht aus dieser Schleife herauszukommen. Immer wieder an meine Grenzen zu stoßen, so vieles mehr mit unserem Verein erreichen zu wollen und dann merken, dass manches viel mehr Zeit zum Wachsen braucht als ich dachte oder viel mehr meiner eigenen Zeit auffrisst als geplant. Das würde im Normalfall vielleicht alles gar nicht so ins Gewicht fallen. Kommt aber das eigene Befinden, die eigene Veränderung hinzu, dann kann das manchmal ziemlich ausbremsen. Die meisten von uns, die sich bei TREES of MEMORY e.V. engagieren, haben ihre eigene Last zu tragen. Der persönliche Verlust eines geliebten Menschen. Immer wieder braucht es da auch diesen inneren Schutzraum. Wenn der Schmerz zu groß wird, das Vermissen übermächtig zu werden scheint. Das Engagement im Verein hilft zwar gegen die Ohnmacht, die nach einem Suizid eintritt. Den Schmerz zu begraben vermag es nicht. Ihn im eigenen Leben irgendwann zu akzeptieren, schon eher. Man kann „weitermachen“, andocken an das Leben wo zuvor kein Halt mehr vorhanden war. Und trotzdem schwimmt man immer wieder. So geht es mir im Moment. Knapp fünfeinhalb Jahre, die mein Sohn nun schon fehlt. Und der sechste Geburtstag ohne ihn steht in zwei Wochen bevor. Eine schwierige Zeit, in der ich immer wieder diesen imaginären Spiegel vor mir habe. Die Zeit still steht und die Welt sich trotzdem weiterdreht. Der Zimmerkollege während der Ausbildung meines Sohnes nun verheiratet. Diejenigen, die seine Kindheit, Jugend und so kurze Zeit des erwachsen Seins mit ihm teilten, so viele von ihnen sind inzwischen ebenfalls verheiratet oder haben Kinder. Der Spiegel… das, was ich mit meinem Sohn nicht mehr erleben kann. Keine Freude darüber, dass er sein Glück findet und seinen Weg geht. Er ging. Ganz. Ohne Wiederkehr. Immer wieder brennt dieses „NIE WIEDER“ ein weiteres Loch in mein Herz. Wenn ich dann meine zu zerbrechen, dann hilft es mir, die positiven Dinge in meinem Leben ganz bewusst nach vorne zu holen, so dass sie daneben stehen und den Schmerz ein wenig relativieren können. Da sind zum Beispiel Menschen in meiner Familie, die mich dadurch berühren, weil ich Liebe für sie empfinden kann. Allen voran natürlich mein Mann und vor allem meine Tochter, die der wunderbarste Mensch für mich ist. Sie könnte ja sagen, dass sie ihr Leben beschreiten möchte, ohne immer wieder das Thema Suizid um sich zu haben. Aber es begleitet ja auch sie, denn auch sie vermisst ihren Bruder. Akzeptiert meinen Weg, auch wenn sie manches davon vielleicht gelegentlich nicht gutheißen mag, weil ich mit meiner eigenen Achtsamkeit noch absolut am Anfang stehe. Da sind auch die Mitglieder unseres Vereins, die trotz ihrer eigenen Schwierigkeiten da sind, sich einbringen, für die gleiche Sache kämpfen. Das birgt schöne Momente, wenn dann gemeinsam an Projekten gearbeitet wird. Zum Beispiel der Imagefilm, der zwar durch die Entfernungen zwischen uns und den Terminen der Veranstaltungen im Gegensatz zu anderen Vereinen einfach viel mehr Zeit in Anspruch nimmt, bis er fertig erstellt ist. Eigene Videoclips für den Verein sind zudem gerade in Arbeit, mit zwei jungen Damen aus unserem Verein, die unterstützen, wo es nur geht. Neue Mitglieder, die zu uns finden, das Wachsen der 1. Anlaufstellen, inzwischen vierzehn an der Zahl. Da sind die Menschen, die eigentlich so Garnichts mit unserem Verein zu tun haben, aber es gut und wertvoll finden, was wir tun. Die dann ganz aktiv und mit Leidenschaft ihre Unterstützung einbringen. Das Team zum Beispiel, welches nun schon zum zweiten Mal unseren Gedenkgottesdienst mit vorbereitet und durchführt. Schon im April war dafür unser erstes Treffen, am Mittwoch wird unser drittes und letztes dafür stattfinden. Oder auch die Kommentare unter meinen Postings, wenn ich meine Gedanken mit der Facebook-Gemeinde teile. Also mit Euch. Dann weiß ich, dass es trotz der vielen Zeit, der wahnsinnig großen Energie, die das Engagement benötigt, es wohl nicht so verkehrt ist, was ich tue. Dies sind diese positiven Dinge, die mich am Ball bleiben lassen. Auch wenn mir momentan die Arbeit oft über den Kopf zu wachsen scheint. Sechs Baumpflanzungen stehen in der Endphase der Planung, weitere müssen danach noch bearbeitet werden. Die Vorbereitung unserer Veranstaltungen im Main-Tauber-Kreis brauchen nun die Bekanntmachung, daher sind viele Mails und Briefe an Kliniken, Organisationen und Vereine zu verschicken. Plakate verteilen, Plakate aufhängen. Und dann die Hoffnung, dass die Veranstaltungen auch gut besucht und angenommen werden. Der Aufbau unserer neuen Anlaufstellen hat ebenfalls Zeit benötigt, damit die Paten die weiteren Schritte tun können. Die Messe in Freiburg im Oktober kann und wird wohl stattfinden, mit eingeschränkter Besucherzahl vor Ort, dafür kann man aber zudem virtuell „über die Messe gehen“ und schauen, was es da alles so gibt. Dafür brauchen wir die Videoclips, da der Imagefilm zeitlich nicht fertig werden kann. Wir haben uns zudem für die Chat-Funktion dort entschieden, das heißt, jeder kann dort Fragen im Chat stellen, die wir dann beantworten können. Absolutes Neuland für uns, das digitale auf der Messe. Aber wir sind schon gespannt… Und danach, so hoffe ich, steht der Endspurt für unsere Suizidprävention an Schulen an, so dass wir (sollte Corona es dann zulassen) im kommenden Jahr damit auch wirklich dort mit Lehrern und Schülern dieses wichtige Thema besprechen können. Das ist es, was mich oft so kämpfen lässt. So viele Ideen. Und vieles braucht einfach viel mehr Zeit als gedacht, weil wir es richtig und gut machen wollen. Ich muss da immer wieder aufpassen, dass ich mich nicht verzettle. Oder überfordert fühle. Weil die Kraft nur bedingt reicht, bei mir und auch bei den anderen. Mir die Zeit zuzugestehen, nicht alles auf einmal machen zu wollen. Denn dann stoße ich an meine Grenzen. Immer wieder. Die eigene Stabilität wiederfinden, das bedeutet etwas umzudenken. Mir gezielt Pausen zu gönnen. Und vielleicht auch, einfach mal die ganzen vielen Tränen rauszulassen, laufenzulassen, die mich seit Wochen wieder innerlich so quälen. Denn ja, wir dürfen um das weinen, was wir verloren haben. Immer wieder. Ohne Zeit Limit. Um das geliebte Kind, um Vater oder Mutter, um Bruder oder Schwester, um Partner oder Partnerin. Um Schwiegersohn, Schwiegertochter, Enkelsohn, Enkeltochter, Neffe, Nichte, Cousin, Cousine und auch um gute Freunde. Auch um uns selbst, wenn wir meinen, uns in der eigenen Welt verloren haben. Wir müssen nicht immer nur funktionieren. Wir dürfen uns in all unserem inneren Zerbrochenem auch so annehmen, wie wir sind. Mit all unserem Schmerz, all unseren Tränen, aller Sehnsucht in uns, all unserer Hoffnung und unserem zaghaften Lächeln. Mir wird klar, dass ich vor allem dann so vieles auf einmal tun oder erarbeiten möchte, je mehr ich innerlich auf der Stelle trete. Wie eine Art Flucht nach außen.

Wie heißt es so schön? Am Anfang steht der Mut… Also möchte ich nun mutig sein, mir zugestehen, dass meine Tränen sein dürfen und meine Seele erleichtern können, wenn ich sie rauslasse. Mutig sein, den heutigen Tag anzunehmen und den morgigen auch. Mutig sein, JA zu mir selbst zu sagen und mich anzunehmen, wie ich bin. Mutig sein, indem ich mir die nötige Zeit gebe. Für alles, was noch kommt. Und mutig sein, bald den nächsten Geburtstag meines Sohnes zu überstehen, auch wenn mich innerlich alles zerreißt. Mutig sein, die Herausforderungen des Lebens anzunehmen. In kleinen Schritten. Manchmal auch in ganz, ganz kleinen Schritten. Und wenn man sich ab und an im Kreis dreht, so gibt es dennoch irgendwo darin doch die Abzweigung zurück auf den richtigen Weg. Das geht im Behutsamen und Langsamen bedeutend besser als im Spurt und auf der Flucht. Also möchte ich nun auch mutig sein, um mein eigenes Tempo zu reduzieren, gelegentlich den Stillstand auch mal zuzulassen. Auf den Weg zurück werde ich dann schon wieder finden….



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